Zu meinen Bildern
Meine derzeitigen Bilder habe ich – so merkwürdig dies im ersten Moment klingen mag – im direktem Weg aus der Aktmalerei heraus entwickelt. 1965 löste ich mich, gewissermaßen auch einem allgemeinen Trend folgend, vom naturalistischen Akt und kam dabei zu roten, flächig-ornamentalen Figuren, die ich vor einen neutralen, weißglänzenden Lackhintergrund setzte. Mit der Zeit wurden diese Gebilde lebendiger, körperhafter und realistischer. Sie entwickelten sich zu roten, exotischen Blumen, die einsam in der Weite grüner Urwälder blühten.
In diese natürliche Umwelt schoben sich 1968 allmählich Mauern, die das blumenähnliche Ding von seiner gewohnten Umgebung abschnitten. Die Mauern formierten sich zu Räumen und schlossen die Dinger ein, deren Arme die neue Umgebung zu ertasten, die Umschließung zu sprengen versuchten. Zu Anfang war dies auch noch teilweise möglich, da die Räume in ihrem etwas amorphen Aufbau noch flexibel und durch das Ding beeinflußbar waren. Die Entwicklung ging jedoch zu einer immer stärker werdenden Verfestigung und Klarheit des Raumes, in dem sich das Ding mit seinen Fühlern zwar über seinen Standort und seine Umgebung bewußt werden, diese jedoch nicht mehr verändern konnte. Das bisweilen brutale Eindringen in den Raum durch Sprengung der Fliesen spiegelte zwar eine gewisse Selbständigkeit vor, die jedoch in Wirklichkeit nicht gegeben war.
Als das Dasein in den übermächtig werdenden Räumen immer ungemütlicher und enger wurde, zogen die Dinger den Rückzug an. Sie kamen noch einmal zurück, waren aber schon so blaß und leblos, daß sie es ab Mitte 1970 vorzogen, ihr Leben außerhalb, in freier Natur, in Gärten oder Wäldern fortzusetzen. Dort haben sie sich – soviel ich weiß – wieder etwas erholt. Ob in nächster Zeit mit ihrer Rückkehr in die Räume zu rechnen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Zur Zeit begnügen sich die Dinger jedenfalls damit, die Räume zu benutzen, um durch Nicht-Dasein auf ihre Existenz hinzuweisen.
Die völlig leeren Räume sind inzwischen klarer und größer geworden und haben begonnen, ein Eigenleben zu führen. Nach außen zeigen sie sich steril, glatt, unverletzlich, haben jedoch ein stark ausgeprägtes Gefühlsleben. Ich glaube, mit diesen Arbeiten meiner Absicht näher gekommen zu sein, Bilder zu malen, die beim Betrachter Assoziationen hervorrufen, welche weit über den direkten visuellen Anlaß hinausgehen.
Karlsruhe, Januar 1971